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Der junge Riese

Das Original Märchen 

Lesedauer: 

17 Minuten

Deutsche Flagge - aktuelle Ansicht
Alle Märchen der Gebrüder Grimm von A-Z in Englisch

Ein daumengroßer Bauernsohn wird von einem Riesen gesäugt, bekommt Riesenkräfte und setzt diese bei der Arbeit ein.

The Frog King, or Iron Heinrich
Cat and Mouse in Partnership
Mary's Child
The Youth Who Went Forth to Learn What Fear Was
The Wolf and the Seven Young Kids
Faithful John or Trusty John
The Good Bargain
The Wonderful Musician
The Twelve Brothers
The Pack of Ragamuffins
Little Brother and Little Sister
Rapunzel
The Three Little Men in the Wood
The Three Spinning Women
Hansel and Gretel
The Three Snake-Leaves
The White Snake
The Straw, the Coal, and the Bean
The Fisherman and His Wife
The Brave Little Tailor
Cinderella
The Riddle
The Mouse, the Bird, and the Sausage
Mother Holle or Old Mother Frost
The Seven Ravens
Little Red Cap or Little Red Riding Hood
The Bremen Town Musicians
The Singing Bone
The Devil With the Three Golden Hairs
The Louse and the Flea
The Girl Without Hands or The Handless Maiden
Clever Hans
The Three Languages
Clever Else
The Tailor in Heaven
The Magic Table, the Gold-Donkey, and the Club in the Sack
Thumbling
The Wedding of Mrs. Fox
The Elves
The Robber Bridegroom
Herr Korbes
The Godfather
Mother Trudy
Godfather Death
Thumbling's Travels
Fitcher's Bird
The Juniper Tree
Old Sultan
The Six Swans
Briar Rose
Foundling-Bird
King Thrushbeard
Snow White
The Knapsack, the Hat, and the Horn
Rumpelstiltskin
Sweetheart Roland
The Golden Bird
The Dog and the Sparrow
Frederick and Catherine
The Two Brothers
The Little Peasant
The Queen Bee
The Three Feathers
The Golden Goose
All-Kinds-of-Fur
The Hare's Bride
The Twelve Huntsme
From the Summer and Winter Garden
Jorinde and Joringel
The Three Sons of Fortune
How Six Men got on in the World
The Wolf and the Man
The Wolf and the Fox
Gossip Wolf and the Fox
The Fox and the Cat
The Pink
Clever Gretel
The Old Man and his Grandson
The Water Nixie
The Death of the Little Hen
Brother Lustig
Gambling Hansel
Hans in Luck
Hans Married
The Gold-Children
The Fox and the Geese
The Poor Man and the Rich Man
The Singing, Springing Lark
The Goose Girl
The Young Giant
The Gnome
The King of the Gold Mountain
The Raven
The Peasant's Wise Daughter
Old Hildebrand
The Three Little Birds
The Water of Life
Doctor Know-all
The Spirit in the Bottle
The Devil's Sooty Brother
Bearskin
The Willow Wren and the Bear
Sweet Porridge
Wise Folks
Tales of the Paddock
The Poor Miller's Boy and the Cat
The Two Travelers
Hans My Hedgehog
The Shroud
The Jew Among Thorns
The Skillful Huntsman
The Flail from Heaven
The Two Kings' Children
The Cunning Little Tailor
The Bright Sun Brings it to Light
The Blue Light
The Willful Child
The Three Army Surgeons
The Seven Swabians
The Three Apprentices
The King's Son Who Feared Nothing
Donkey Cabbages
The Old Woman in the Wood
The Three Brothers
The Devil and His Grandmother
Ferdinand the Faithful
The Iron Stove
The Lazy Spinner
The Four Skillful Brothers
One-Eye, Two-Eyes, and Three-Eyes
Fair Katrinelje and Pif-Paf-Poltrie
The Fox and the Horse
The Shoes that were Danced to Pieces
The Six Servants
The White and the Black Bride
Iron John
The Three Black Princesses
Knoist and his Three Sons
The Maid of Brakel
My Household
The Lambkin and the Little Fish
Simeli Mountain
Going a Traveling
The Donkey or The Little Donkey
The Ungrateful Son
The Turnip
The Old Man Made Young Again
The Lord's Animals and the Devil's
The Beam
The Old Beggar Woman
The Three Sluggards
The Shepherd Boy
The Star Money
The Stolen Farthings
Looking for a Bride
The Hurds
The Sparrow and His Four Children
The Story of Schlauraffen Land
The Ditmarsch Tale of Lies
A Riddling Tale
Snow-White and Rose-Red
The Wise Servant
The Glass Coffin
Lazy Henry
The Griffin
Strong Hans
The Peasant in Heaven
Lean Lisa
The Hut in the Forest
Sharing Joy and Sorrow
The Willow Wren
The Sole
The Bittern and the Hoopoe
The Owl
The Moon
The Duration of Life
Death's Messengers
Master Pfriem
The Goose-Girl at the Well
Eve's Various Children
The Nixie of the Mill-Pond
The Little Folks' Present
The Giant and the Tailor
The Nail
The Poor Boy in the Grave
The True Bride
The Hare and the Hedgehog
Spindle, Shuttle, and Needle
The Peasant and the Devil
The Crumbs on the Table
The Sea-Hare
The Master Thief
The Drummer
The Ear of Corn
The Grave Mound
Old Rinkrank
The Crystal Ball
Maid Maleen
The Boots of Buffalo Leather
The Golden Key

Ein Bauersmann hatte einen Sohn, der war so groß wie ein Daumen und ward gar nicht größer und wuchs in etlichen Jahren nicht ein Haarbreit. Einmal wollte der Bauer ins Feld gehen und pflügen, da sagte der Kleine: »Vater, ich will mit hinaus.«

»Du willst mit hinaus?« sprach der Vater, »bleib du hier, dort bist du zu nichts nutz; du könntest mir auch verloren gehen.« Da fing der Däumling an zu weinen, und um Ruhe zu haben, steckte ihn der Vater in die Tasche und nahm ihn mit. Draußen auf dem Felde holte er ihn wieder heraus und setzte ihn in eine frische Furche. Wie er da so saß, kam über den Berg ein großer Riese daher. »Siehst du dort den großen Butzemann?« sagte der Vater, und wollte den Kleinen schrecken, damit er artig wäre. »Der kommt und holt dich.« Der Riese aber hatte mit seinen langen Beinen kaum ein paar Schritte getan, so war er bei der Furche. Er hob den kleinen Däumling mit zwei Fingern behutsam in die Höhe, betrachtete ihn und ging, ohne ein Wort zu sprechen, mit ihm fort.

Der Vater stand dabei, konnte vor Schrecken keinen Laut hervorbringen und dachte nicht anders als sein Kind für verloren, also dass er's sein Lebtag nicht wieder mit Augen sehen würde. Der Riese aber trug es heim und ließ es an seiner Brust saugen, und der Däumling wuchs und ward groß und stark nach Art der Riesen.

Nach Verlauf von zwei Jahren ging der Alte mit ihm in den Wald, wollte ihn versuchen und sprach: »Zieh dir eine Gerte heraus.« Da war der Knabe schon so stark, dass er einen jungen Baum mit den Wurzeln aus der Erde riss. Der Riese aber meinte: »Das muss besser kommen«, nahm ihn wieder mit und säugte ihn noch zwei Jahre. Als er ihn versuchte, hatte seine Kraft schon so zugenommen, dass er einen alten Baum aus der Erde brechen konnte. Das war dem Riesen noch immer nicht genug, er säugte ihn abermals zwei Jahre, und als er dann mit ihm in den Wald ging und sprach: »Nun reiß einmal eine ordentliche Gerte aus«, so riss der Junge den dicksten Eichenbaum aus der Erde, dass er krachte, und war ihm nur ein Spaß.

»Nun ist's genug«, sprach der Riese, »du hast ausgelernt«, und führte ihn zurück auf den Acker, wo er ihn geholt hatte. Sein Vater stand da hinter dem Pflug, der junge Riese ging auf ihn zu und sprach: »Sieht er wohl, Vater, was sein Sohn für ein Mann geworden ist.« Der Bauer erschrak und sagte: »Nein, du bist mein Sohn nicht, ich will dich nicht, geh weg von mir.« »Freilich bin ich sein Sohn, lass Er mich an die Arbeit, ich kann pflügen so gut als Er und noch besser.«

»Nein, nein, du bist mein Sohn nicht, du kannst auch nicht pflügen, geh weg von mir.«

Weil er sich aber vor dem großen Mann fürchtete, ließ er den Pflug los, trat zurück und setzte sich zur Seite ans Land. Da nahm der Junge das Geschirr und drückte bloß mit einer Hand darauf, aber der Druck war so gewaltig, dass der Pflug tief in die Erde ging. Der Bauer konnte das nicht mit ansehen und rief ihm zu: »Wenn du pflügen willst, musst du nicht so gewaltig drücken, das gibt schlechte Arbeit.« Der Junge aber spannte die Pferde aus, zog selber den Pflug und sagte: »Geh Er nur nach Haus, Vater, und lass Er die Mutter eine große Schüssel voll Essen kochen; ich will derweil den Acker schon umreißen.«

Da ging der Bauer heim und bestellte das Essen bei seiner Frau; der Junge aber pflügte das Feld, zwei Morgen groß, ganz allein, und dann spannte er sich auch selber vor die Egge und eggte alles mit zwei Eggen zugleich. Wie er fertig war, ging er in den Wald und riss zwei Eichenbäume aus, legte sie auf die Schultern, und hinten und vorn eine Egge darauf, und hinten und vorn auch ein Pferd, und trug das alles, als wäre es ein Bund Stroh, nach seiner Eltern Haus.

Wie er in den Hof kam, erkannte ihn seine Mutter nicht und fragte: »Wer ist der entsetzliche große Mann?« Der Bauer sagte: »Das ist unser Sohn.« Sie sprach: »Nein, unser Sohn ist das nimmermehr, so groß haben wir keinen gehabt, unser war ein kleines Ding.« Sie rief ihm zu: »Geh fort, wir wollen dich nicht.« Der Junge schwieg still, zog seine Pferde in den Stall, gab ihnen Hafer und Heu, alles wie sich's gehörte. Als er fertig war, ging er in die Stube, setzte sich auf die Bank und sagte: »Mutter, nun hätte ich Lust zu essen, ist's bald fertig?«

Da sagte sie ja und brachte zwei große, große Schüsseln voll herein, daran hätten sie und ihr Mann acht Tage lang satt gehabt. Der Junge aber aß sie allein auf und fragte, ob sie nicht mehr vorsetzen könnte. »Nein«, sagte sie, »das ist alles, was wir haben.«

»Das war ja nur zum Schmecken, ich muss mehr haben.« Sie getraute nicht, ihm zu widerstehen, ging hin und setzte einen großen Schweinekessel voll übers Feuer, und wies es gar war, trug sie es herein. »Endlich kommen noch ein paar Brocken«, sagte er und aß alles hinein; es war aber doch nicht genug, seinen Hunger zu stillen. Da sprach er: »Vater, ich sehe wohl, bei ihm werd ich nicht satt, will er mir einen Stab von Eisen verschaffen, der stark ist und den ich vor meinen Knien nicht zerbrechen kann, so will ich fort in die Welt gehen.« Der Bauer war froh, spannte seine zwei Pferde vor den Wagen und holte bei dem Schmied einen Stab so groß und dick, als ihn die zwei Pferde nur fortschaffen konnten. Der Junge nahm ihn vor die Knie und ratsch! brach er ihn wie eine Bohnenstange in der Mitte entzwei und warf ihn weg. Der Vater spannte vier Pferde vor und holte einen Stab so dick, als ihn die vier Pferde fortschaffen konnten. Der Sohn knickte auch diesen vor dem Knie entzwei, warf ihn hin und sprach: »Vater, der kann mir nicht helfen, er muss besser vorspannen und einen stärkern Stab holen.«

Da spannte der Vater acht Pferde vor und holte einen so groß und dick, als ihn die acht Pferde herbeifahren konnten. Wie der Sohn den in die Hand nahm, brach er gleich oben ein Stück davon ab und sagte: »Vater, ich sehe, Er kann mir keinen Stab anschaffen, wie ich ihn brauche, ich will nicht länger bei ihm bleiben.« Da ging er fort und gab sich für einen Schmiedegesellen aus. Er kam in ein Dorf, darin wohnte ein Schmied, der war ein Geizmann, gönnte keinem Menschen etwas und wollte alles allein haben; zu dem trat er in die Schmiede und fragte, ob er keinen Gesellen brauchte. »Ja«, sagte der Schmied, sah ihn an und dachte »das ist ein tüchtiger Kerl, der wird gut vorschlagen und sein Brot verdienen.« Er fragte »wie viel willst du Lohn haben?«

»Gar keinen will ich haben«, antwortete er, »nur alle vierzehn Tage, wenn die andern Gesellen ihren Lohn bezahlt kriegen, will ich dir zwei Streiche geben, die musst du aushalten.« Das war der Geizmann von Herzen zufrieden und dachte damit viel Geld zu sparen. Am andern Morgen sollte der fremde Geselle zuerst vorschlagen, wie aber der Meister den glühenden Stab brachte und jener den ersten Schlag tat, so flog das Eisen voneinander und der Amboss sank in die Erde, so tief, dass sie ihn gar nicht wieder herausbringen konnten. Da ward der Geizmann bös und sagte: »Ei was, dich kann ich nicht brauchen, du schlägst gar zu grob, was willst du für den einen Zuschlag haben?« Da sprach er: »Ich will dir nur einen ganz kleinen Streich geben, weiter nichts.« Und hob seinen Fuß auf und gab ihm einen Tritt, dass er über vier Fuder Heu hinausflog. Darauf suchte er sich den dicksten Eisenstab aus, der in der Schmiede war, nahm ihn als einen Stock in die Hand und ging weiter.

Als er eine Weile gezogen war, kam er zu einem Vorwerk und fragte den Amtsmann, ob er keinen Großknecht nötig hätte. »Ja«, sagte der Amtmann, »ich kann einen brauchen; du siehst aus wie ein tüchtiger Kerl, der schon was vermag, wie viel willst du Jahrslohn haben?« Er antwortete wiederum, er verlangte gar keinen Lohn, aber alle Jahre wollte er ihm drei Streiche geben, die müsste er aushalten. Das war der Amtmann zufrieden, denn er war auch ein Geizhals.

Am andern Morgen, da sollten die Knechte ins Holz fahren, und die andern Knechte waren schon auf, er aber lag noch im Bett. Da rief ihn einer an: »Steh auf, es ist Zeit, wir wollen ins Holz, und du musst mit.« »Ach«, sagte er ganz grob und trotzig, »geht ihr nur hin, ich komme doch eher wieder als ihr alle miteinander.« Da gingen die andern zum Amtmann und erzählten ihm, der Großknecht läge noch im Bett und wollte nicht ins Holz fahren. Der Amtmann sagte, sie sollten ihn noch einmal wecken und ihn heißen die Pferde vorspannen. Der Großknecht sprach aber wie vorher: »Geht ihr nur hin, ich komme doch eher wieder als ihr alle miteinander.«

Darauf blieb er noch zwei Stunden liegen, da stieg er endlich aus den Federn, holte sich aber erst zwei Scheffel voll Erbsen vom Boden, kochte sich einen Brei und aß den mit guter Ruhe, und wie das alles geschehen war, ging er hin, spannte die Pferde vor und fuhr ins Holz. Nicht weit vor dem Holz war ein Hohlweg, wo er durch musste, da fuhr er den Wagen erst vorwärts, dann mussten die Pferde stille halten, und er ging hinter den Wagen, nahm Bäume und Reisig und machte da eine große Hucke (Verhack), so dass kein Pferd durchkommen konnte. Wie er nun vors Holz kam, fuhren die andern eben mit ihren beladenen Wagen heraus und wollten heim, da sprach er zu ihnen: »Fahrt nur hin, ich komme doch eher als ihr nach Haus.«

Er fuhr gar nicht weit ins Holz, riss gleich zwei der allergrößten Bäume aus der Erde, warf sie auf den Wagen und drehte um. Als er vor der Hucke anlangte, standen die andern noch da und konnten nicht durch. »Seht ihr wohl«, sprach er, »wärt ihr bei mir geblieben, so wärt ihr ebenso schnell nach Haus gekommen und hättet noch eine Stunde schlafen können.« Er wollte nun zufahren, aber seine Pferde konnten sich nicht durcharbeiten, da spannte er sie aus, legte sie oben auf den Wagen, nahm selber die Deichsel in die Hand, und hüf! zog er alles durch, und das ging so leicht, als hätte er Federn geladen. Wie er drüben war, sprach er zu den andern: »Seht ihr wohl, ich bin schneller hindurch als ihr«, fuhr weiter, und die andern mussten stehen bleiben.

In dem Hof aber nahm er einen Baum in die Hand, zeigte ihn dem Amtmann und sagte »ist das nicht ein schönes Klafterstück?« Da sprach der Amtmann zu seiner Frau: »Der Knecht ist gut; wenn er auch lang schläft, er ist doch eher wieder da als die andern.« Nun diente er dem Amtmann ein Jahr; wie das herum war und die andern Knechte ihren Lohn kriegten, sprach er, es wäre Zeit, er wollte sich auch seinen Lohn nehmen. Dem Amtmann ward aber angst vor den Streichen, die er kriegen sollte, und bat ihn inständig, er möchte sie ihm schenken, lieber wollte er selbst Großknecht werden, und er sollte Amtmann sein. »Nein«, sprach er, »ich will kein Amtmann werden, ich bin Großknecht und will's bleiben, ich will aber austeilen, was bedungen ist.« Der Amtmann wollte ihm geben, was er nur verlangte, aber es half nichts, der Großknecht sprach zu allem »nein«. Da wusste sich der Amtmann nicht zu helfen und bat ihn um vierzehn Tage Frist, er wollte sich auf etwas besinnen.

Der Großknecht sprach, die Frist sollte er haben. Der Amtmann berief alle seine Schreiber zusammen, sie sollten sich bedenken und ihm einen Rat geben. Die Schreiber besannen sich lange, endlich sagten sie, vor dem Großknecht wäre niemand seines Lebens sicher, der schlüge einen Menschen wie eine Mücke tot. Er sollte ihn heißen in den Brunnen steigen und ihn reinigen, wenn er unten wäre, wollten sie einen von den Mühlensteinen, die da lägen, herbeirollen und ihm auf den Kopf werfen, dann würde er nicht wieder an des Tages Licht kommen

Der Rat gefiel dem Amtmann, und der Großknecht war bereit, in den Brunnen hinabzusteigen. Als er unten auf dem Grund stand, rollten sie den größten Mühlenstein hinab, und meinten, der Kopf wäre ihm eingeschlagen, aber er rief: »Jagt die Hühner vom Brunnen weg, die kratzen da oben im Sand und werfen mir die Körner in die Augen, dass ich nicht sehen kann.« Da rief der Amtmann: »Husch! husch!« und tat, als scheuchte er die Hühner weg.

Als der Großknecht mit seiner Arbeit fertig war, stieg er herauf und sagte: »Seht einmal, ich habe doch ein schönes Halsband um«, da war es der Mühlenstein, den er um den Hals trug. Der Großknecht wollte jetzt seinen Lohn nehmen, aber der Amtmann bat wieder um vierzehn Tage Bedenkzeit. Die Schreiber kamen zusammen und gaben den Rat, er sollte den Großknecht in die verwünschte Mühle schicken, um dort in der Nacht Korn zu mahlen: von da wäre noch kein Mensch morgens lebendig herausgekommen. Der Anschlag gefiel dem Amtmann, er rief den Großknecht noch denselben Abend und hieß ihn acht Malter Korn in die Mühle fahren und in der Nacht noch mahlen; sie hätten es nötig.

Da ging der Großknecht auf den Boden und tat zwei Malter in seine rechte Tasche, zwei in die linke, vier nahm er in einem Quersack halb auf den Rücken, halb auf die Brust, und ging also beladen nach der verwünschten Mühle. Der Müller sagte ihm, bei Tag könnte er recht gut mahlen, aber nicht in der Nacht, da wäre die Mühle verwünscht, und wer da noch hineingegangen wäre, den hätte man am Morgen tot darin gefunden.

Er sprach: »Ich will schon durchkommen, macht Euch nur fort und legt Euch aufs Ohr.« Darauf ging er in die Mühle und schüttete das Korn auf. Gegen elf Uhr ging er in die Müllerstube und setzte sich auf die Bank. Als er ein Weilchen da gesessen hatte, tat sich auf einmal die Tür auf und kam eine große, große Tafel herein, und auf die Tafel stellte sich Wein und Braten und viel gutes Essen, alles von selber, denn es war niemand da, der es auftrug. Und danach rückten sich die Stühle herbei, die hantierten mit den Messern und Gabeln und legten Speisen auf die Teller, aber sonst konnte er nichts sehen. Da er hungrig war und die Speisen sah, so setzte er sich auch an die Tafel, aß mit, und ließ sich es gut schmecken.

Als er satt war und die andern ihre Schüsseln auch ganz leer gemacht hatten, da wurden die Lichter auf einmal alle ausgeputzt, das hörte er deutlich, und wies nun stockfinster war, so kriegte er so etwas wie eine Ohrfeige ins Gesicht. Da sprach er: »Wenn noch einmal so etwas kommt, so teil ich auch wieder aus.« Und wie er, zum zweitenmal eine Ohrfeige kriegte, da schlug er gleichfalls mit hinein. Und so ging das fort die ganze Nacht, er nahm nichts umsonst, sondern gab reichlich zurück und schlug nicht faul um sich herum; bei Tagesanbruch aber hörte alles auf.

Wie der Müller aufgestanden war, wollte er nach ihm sehen und verwunderte sich, dass er noch lebte. Da sprach er: »Ich habe mich satt gegessen, habe Ohrfeigen gekriegt, aber ich habe auch Ohrfeigen ausgeteilt.« Der Müller freute sich und sagte, nun wäre die Mühle erlöst, und wollt ihm gern zur Belohnung viel Geld geben. Er sprach aber: »Geld will ich nicht, ich habe doch genug.« Dann nahm er sein Mehl auf den Rücken, ging nach Haus und sagte dem Amtmann, er hätte die Sache ausgerichtet und wollte nun seinen bedungenen Lohn haben.

Wie der Amtmann das hörte, da ward ihm erst recht angst: und die Schweißtropfen liefen ihm von der Stirne herunter. Da machte er das Fenster auf nach frischer Luft, ehe er sich's aber versah, hatte ihm der Großknecht einen Tritt gegeben, dass er durchs Fenster in die Luft hineinflog, immer fort, bis ihn niemand mehr sehen konnte.

Da sprach der Großknecht zur Frau des Amtmanns: »Kommt er nicht wieder, so müsst Ihr den anderen Streich hinnehmen.« Sie rief »nein, nein, ich kann's nicht aushalten«, und machte das andere Fenster auf, weil ihr die Schweißtropfen die Stirne herunterliefen. Da gab er ihr einen Tritt, dass sie gleichfalls hinausflog, und da sie leichter war, noch viel höher als ihr Mann. Der Mann rief: »Komm doch zu mir«, sie aber rief: »Komm du zu mir, ich kann nicht zu dir.« Und sie schwebten da in der Luft, und konnte keins zum andern kommen, und ob sie da noch schweben, das weiß ich nicht; der junge Riese aber nahm seine Eisenstange und ging weiter.

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© Kati Winter

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