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Der treue Johannes

Das Original Märchen 

Lesedauer: 

19 Minuten

Deutsche Flagge - aktuelle Ansicht
Alle Märchen der Gebrüder Grimm von A-Z in Englisch
Ein Prinz neben dem versteinerten Diener Johannes.

Johannes wird Pflegevater von Prinzen, hilft ihm Frau zu gewinnen, rettet sein Leben, wird dabei zu Stein. König erwidert Treue und erlöst ihn

The Frog King, or Iron Heinrich
Cat and Mouse in Partnership
Mary's Child
The Youth Who Went Forth to Learn What Fear Was
The Wolf and the Seven Young Kids
Faithful John or Trusty John
The Good Bargain
The Wonderful Musician
The Twelve Brothers
The Pack of Ragamuffins
Little Brother and Little Sister
Rapunzel
The Three Little Men in the Wood
The Three Spinning Women
Hansel and Gretel
The Three Snake-Leaves
The White Snake
The Straw, the Coal, and the Bean
The Fisherman and His Wife
The Brave Little Tailor
Cinderella
The Riddle
The Mouse, the Bird, and the Sausage
Mother Holle or Old Mother Frost
The Seven Ravens
Little Red Cap or Little Red Riding Hood
The Bremen Town Musicians
The Singing Bone
The Devil With the Three Golden Hairs
The Louse and the Flea
The Girl Without Hands or The Handless Maiden
Clever Hans
The Three Languages
Clever Else
The Tailor in Heaven
The Magic Table, the Gold-Donkey, and the Club in the Sack
Thumbling
The Wedding of Mrs. Fox
The Elves
The Robber Bridegroom
Herr Korbes
The Godfather
Mother Trudy
Godfather Death
Thumbling's Travels
Fitcher's Bird
The Juniper Tree
Old Sultan
The Six Swans
Briar Rose
Foundling-Bird
King Thrushbeard
Snow White
The Knapsack, the Hat, and the Horn
Rumpelstiltskin
Sweetheart Roland
The Golden Bird
The Dog and the Sparrow
Frederick and Catherine
The Two Brothers
The Little Peasant
The Queen Bee
The Three Feathers
The Golden Goose
All-Kinds-of-Fur
The Hare's Bride
The Twelve Huntsme
From the Summer and Winter Garden
Jorinde and Joringel
The Three Sons of Fortune
How Six Men got on in the World
The Wolf and the Man
The Wolf and the Fox
Gossip Wolf and the Fox
The Fox and the Cat
The Pink
Clever Gretel
The Old Man and his Grandson
The Water Nixie
The Death of the Little Hen
Brother Lustig
Gambling Hansel
Hans in Luck
Hans Married
The Gold-Children
The Fox and the Geese
The Poor Man and the Rich Man
The Singing, Springing Lark
The Goose Girl
The Young Giant
The Gnome
The King of the Gold Mountain
The Raven
The Peasant's Wise Daughter
Old Hildebrand
The Three Little Birds
The Water of Life
Doctor Know-all
The Spirit in the Bottle
The Devil's Sooty Brother
Bearskin
The Willow Wren and the Bear
Sweet Porridge
Wise Folks
Tales of the Paddock
The Poor Miller's Boy and the Cat
The Two Travelers
Hans My Hedgehog
The Shroud
The Jew Among Thorns
The Skillful Huntsman
The Flail from Heaven
The Two Kings' Children
The Cunning Little Tailor
The Bright Sun Brings it to Light
The Blue Light
The Willful Child
The Three Army Surgeons
The Seven Swabians
The Three Apprentices
The King's Son Who Feared Nothing
Donkey Cabbages
The Old Woman in the Wood
The Three Brothers
The Devil and His Grandmother
Ferdinand the Faithful
The Iron Stove
The Lazy Spinner
The Four Skillful Brothers
One-Eye, Two-Eyes, and Three-Eyes
Fair Katrinelje and Pif-Paf-Poltrie
The Fox and the Horse
The Shoes that were Danced to Pieces
The Six Servants
The White and the Black Bride
Iron John
The Three Black Princesses
Knoist and his Three Sons
The Maid of Brakel
My Household
The Lambkin and the Little Fish
Simeli Mountain
Going a Traveling
The Donkey or The Little Donkey
The Ungrateful Son
The Turnip
The Old Man Made Young Again
The Lord's Animals and the Devil's
The Beam
The Old Beggar Woman
The Three Sluggards
The Shepherd Boy
The Star Money
The Stolen Farthings
Looking for a Bride
The Hurds
The Sparrow and His Four Children
The Story of Schlauraffen Land
The Ditmarsch Tale of Lies
A Riddling Tale
Snow-White and Rose-Red
The Wise Servant
The Glass Coffin
Lazy Henry
The Griffin
Strong Hans
The Peasant in Heaven
Lean Lisa
The Hut in the Forest
Sharing Joy and Sorrow
The Willow Wren
The Sole
The Bittern and the Hoopoe
The Owl
The Moon
The Duration of Life
Death's Messengers
Master Pfriem
The Goose-Girl at the Well
Eve's Various Children
The Nixie of the Mill-Pond
The Little Folks' Present
The Giant and the Tailor
The Nail
The Poor Boy in the Grave
The True Bride
The Hare and the Hedgehog
Spindle, Shuttle, and Needle
The Peasant and the Devil
The Crumbs on the Table
The Sea-Hare
The Master Thief
The Drummer
The Ear of Corn
The Grave Mound
Old Rinkrank
The Crystal Ball
Maid Maleen
The Boots of Buffalo Leather
The Golden Key

Es war einmal ein alter König, der war krank und dachte: „es wird wohl das Totenbett sein, auf dem ich liege.“ Da sprach er: „lasst mir den getreuen Johannes kommen.“ Der getreue Johannes war sein liebster Diener, und hieß so, weil er ihm sein Leben lang so treu gewesen war. Als er nun vor das Bett kam, sprach der König zu ihm: „getreuester Johannes, ich fühle dass mein Ende heran naht. Und da habe ich keine andere Sorge als um meinen Sohn. Er ist noch in jungen Jahren, wo er sich nicht immer zu helfen weiß. Und wenn du mir nicht versprichst, ihn zu unterrichten in allem, was er wissen muss, und sein Pflegevater zu sein, so kann ich meine Augen nicht in Ruhe schließen.“ Da antwortete der getreue Johannes: „ich will ihn nicht verlassen, und will ihm mit Treue dienen, wenn's auch mein Leben kostet.“ Da sagte der alte König: „so sterbe ich getrost und in Frieden.“ Und sprach dann weiter: „nach meinem Tode sollst du ihm das ganze Schloss zeigen, alle Kammern, Säle und Gewölbe. Und alle Schätze, die darin liegen: aber die letzte Kammer in dem langen Gange sollst du ihm nicht zeigen, worin das Bild der Königstochter vom goldenen Dache verborgen steht. Wenn er das Bild erblickt, wird er eine heftige Liebe zu ihr empfinden, in Ohnmacht fallen und ihretwillen in große Gefahren geraten. Davor sollst du ihn hüten.“ Und als der treue Johannes nochmals dem alten König die Hand darauf gegeben hatte, ward dieser still, legte sein Haupt auf das Kissen und starb.

Als der alte König zu Grabe getragen war, da erzählte der treue Johannes dem jungen König was er seinem Vater auf dem Sterbelager versprochen hatte, und sagte: „das will ich gewisslich halten, und dir treu sein, wie ich es ihm gewesen bin - und sollte es mein Leben kosten.“ Die Trauer ging vorüber, da sprach der treue Johannes zu ihm: „es ist nun Zeit, dass du dein Erbe siehst: ich will dir dein väterliches Schloss zeigen.“ Da führte er ihn überall herum, auf und ab, und ließ ihn alle die Reichtümer und prächtigen Kammern sehen: nur die eine Kammer öffnete er nicht, worin das gefährliche Bild stand. Das Bild war aber so gestellt, dass man, wenn die Türe aufging, gleich gerade darauf sah. Es war so herrlich gemacht, dass man meinte, es wäre lebendig und es gäbe nichts Lieblicheres und Schöneres auf der ganzen Welt. Der junge König bemerkte aber, dass der getreue Johannes immer an der einen Tür vorüber ging und sprach: „warum schließest du mir diese niemals auf“? „Es ist etwas darin“, antwortete er, „vor dem du erschrickst.“ Aber der König antwortete: „ich habe das ganze Schloss gesehen, so will ich auch wissen, was darin ist“, ging hin und wollte die Türe mit Gewalt öffnen. Da hielt ihn der getreue Johannes zurück und sagte: „ich habe es deinem Vater vor seinem Tode versprochen, dass du nicht sehen sollst, was in der Kammer steht. Es könnte dir und mir zu großem Unglück werden.“ „Ach nein“, antwortete der junge König, „wenn ich nicht hineinkomme, so ist's mein sicheres Verderben. Ich würde Tag und Nacht keine Ruhe haben, bis ich's mit meinen Augen gesehen hätte. Nun gehe ich nicht von der Stelle, bis du aufgeschlossen hast.“

Da sah der getreue Johannes, dass es nicht mehr zu ändern war, und suchte mit schwerem Herzen und vielem Seufzen aus dem großen Bund den Schlüssel heraus. Als er die Türe geöffnet hatte, trat er zuerst hinein und dachte, er wollte das Bildnis bedecken, damit es der König vor ihm nicht sähe. Aber was half das? Der König stellte sich auf die Fußspitzen und sah ihm über die Schulter. Und als er das Bildnis der Jungfrau erblickte, das so herrlich war und von Gold und Edelsteinen glänzte, da fiel er ohnmächtig zur Erde nieder. Der getreue Johannes hob ihn auf, trug ihn in sein Bett und dachte voll Sorgen: „das Unglück ist geschehen, Herr Gott, was wird jetzt werden“? Dann stärkte er ihn mit Wein, bis er wieder zu sich selbst kam. Das erste Wort, das er sprach, war: „ach, wer ist das schöne Bild“? „Das ist die Königstochter vom goldenen Dache“, antwortete der treue Johannes. Da sprach der König weiter: „meine Liebe zu ihr ist so groß - wenn alle Blätter an den Bäumen Zungen wären, sie könnten es nicht aussagen; mein Leben setze ich daran, dass ich sie zur Frau bekomme. Du bist mein getreuster Johannes, du musst mir beistehen.“

Der treue Diener überlegte lange, wie die Sache anzugehen wäre. Schließlich meinte er, eine Lösung gefunden zu haben und sprach zum jungen König: „alles, was sie um sich hat, ist von Gold, Tische, Stühle, Schüsseln, Becher, Näpfe und alles Hausgerät. Zu deinem Schatz gehören fünf Tonnen puren Goldes. Lass' eine davon von den Goldschmieden des Reichs zu allerhand Gefäßen und Gerätschaften, Vögeln, Wild und wunderbaren Tieren verarbeiten. Das wird ihr gefallen. Wir wollen damit hinfahren und unser Glück versuchen.“ Der König ließ alle Goldschmiede herbei holen. Und sie mussten Tag und Nacht arbeiten, bis endlich die herrlichsten Dinge fertig waren. Als alles auf ein Schiff geladen war, zog der getreue Johannes Kaufmannskleider an, und der König musste es ebenfalls tun, um unerkennbar zu sein. Dann fuhren sie über das Meer. Sie fuhren so lange, bis sie zu der Stadt kamen, worin die Königstochter vom goldenen Dache wohnte.

Der treue Johannes bat den König auf dem Schiffe zurückbleiben und auf ihn zu warten. „Vielleicht“, sprach er, „bring ich die Königstochter mit. Sorge du inzwischen, dass alles vorbereitet ist. Lass' die Goldgefäße aufstellen und das ganze Schiff ausschmücken.“ Darauf suchte er sich in seinem Schürzchen allerlei von den Goldsachen zusammen, ging an Land und geradewegs zum königlichen Schloss. Als er in den Schlosshof kam, stand da beim Brunnen ein schönes Mädchen. Sie hatte zwei goldene Eimer in der Hand und schöpfte damit. Und, als es das blinkende Wasser gerade forttragen wollte und sich umdrehte, sah es den fremden Mann und fragte wer er wäre? Da antwortete er: „ich bin ein Kaufmann“, und öffnete sein Schürzchen und ließ sie hineinschauen. Da rief sie: „ei, was für schönes Goldzeug!“, setzte die Eimer nieder und betrachtete eins nach dem andern. Da sprach das Mädchen: „das muss die Königstochter sehen. Die hat so große Freude an den Goldsachen, dass sie euch alles abkauft.“ Es nahm ihn bei der Hand und führte ihn hinauf, denn es war die Kammerjungfer. Als die Königstochter die Ware sah, war sie ganz vergnügt und sprach: „es ist so schön gearbeitet, dass ich dir alles abkaufen will.“ Aber der getreue Johannes sprach: „ich bin nur der Diener von einem reichen Kaufmann. Was ich hier habe ist nichts gegen das, was mein Herr auf seinem Schiff stehen hat. Und das ist das kunstvollste und schönste, was je in Gold gearbeitet worden ist.“ Sie wollte alles herauf gebracht haben, aber er sprach: „das würde viele Tage dauern, so groß ist die Menge, und so viele Säle würde es brauchen, um es aufzustellen, dass euer Haus nicht Raum dafür hätte.“ Da war ihre Neugierde und Lust immer mehr angeregt, so dass sie schließlich sagte: „führe mich hin zu dem Schiff, ich will selbst hingehen und deines Herrn Schätze betrachten.“

Da führte sie der getreue Johannes zu dem Schiffe hin und war ganz freudig. Und auch der König, als er sie erblickte. Er sah, dass ihre Schönheit noch größer war, als das Bild sie dargestellt hatte. Er glaubte, sein Herz wollte ihm zerspringen. Nun stieg sie auf das Schiff und der König führte sie hinein; der getreue Johannes aber blieb zurück beim Steuermann und ließ das Schiff abstoßen. „Spannt alle Segel auf, dass es fliegt wie ein Vogel in der Luft.“ Der König aber zeigte ihr drinnen das goldene Geschirr, jedes Einzelne, die Schüsseln, Becher, Näpfe, die Vögel, das Wild und die wunderbaren Tiere. Viele Stunden gingen herum, während sie alles ansahen. Und in ihrer Freude merkte sie nicht, dass das Schiff dahin fuhr. Nachdem sie das letzte betrachtet hatte, dankte sie dem Kaufmann und wollte heim. Als sie aber an des Schiffes Rand kam, sah sie dass es fern vom Land auf hoher See war und mit vollen Segeln forteilte. „Ach“, rief sie erschrocken: „ich bin betrogen, ich bin entführt und in die Gewalt eines Kaufmanns geraten; lieber wollt ich sterben“! Der König aber fasste sie bei der Hand und sprach: „ein Kaufmann bin ich nicht, ich bin ein König und nicht geringer an Geburt als du es bist: aber dass ich dich mit List entführt habe, das ist aus übergroßer Liebe geschehen. Das erste Mal, als ich dein Bildnis gesehen habe, bin ich ohnmächtig zur Erde gefallen.“ Als die Königstochter vom goldenen Dache das hörte, war sie getröstet und ihr Herz war ihm geneigt, sodass sie gerne einwilligte, seine Gemahlin zu werden.

Es trug sich aber zu, während sie auf dem hohen Meere dahin fuhren, dass der getreue Johannes, als er vorne auf dem Schiff saß und Musik machte, in der Luft drei Raben erblickte, die daher geflogen kamen. Da hörte er auf zu spielen und horchte, was sie mit einander sprachen, denn er konnte sie verstehen. Der eine rief: „ei, da führt er die Königstochter vom goldenen Dache heim.“ „Ja“, antwortete die zweite: „er hat sie noch nicht“, sprach die dritte. „Er hat sie doch, sie sitzt bei ihm im Schiffe.“ Da fing die erste wieder an und rief: „was hilft ihm das? Wenn sie ans Land kommen, wird ihm ein fuchsrotes Pferd entgegen springen. Da wird er sich aufschwingen wollen. Und tut er das, so galoppiert es mit ihm fort und in die Luft hinein, dass er nimmer mehr seine Jungfrau wieder sieht.“ Sprach die Zweite: „Gibt es gar keine Rettung“? „O ja, wenn ein anderer schnell aufsitzt, das Feuergewehr, das in den Halftern stecken muss, heraus nimmt und das Pferd damit tot schießt, so ist der junge König gerettet. Aber, wer weiß das? Und wenn es jemand weiß und es ihm sagt, der wird zu Stein von den Fußzehen bis zum Knie.“ Da sprach die zweite: „ich weiß noch mehr! Auch wenn das Pferd getötet wird, so behält der junge König doch nicht seine Braut. Denn, wenn sie zusammen ins Schloss kommen, so liegt dort für ihn vorbereitet ein Hochzeitshemd in einer Schüssel. Es sieht aus, als wäre es mit Fäden aus Gold und Silber gewebt. Es ist aber nichts als Schwefel und Pech. Wenn er es anzieht, verbrennt es ihn bis auf Mark und Knochen.“ Da sprach die dritte: „ist da gar keine Rettung“?

„O ja“, antwortete die zweite, „wenn einer mit Handschuhen das Hemd packt und wirft es ins Feuer, dass es verbrennt, so ist der junge König gerettet. Aber was hilft's? Wer es weiß und es ihm sagt, dessen halber Leib wird vom Knie bis zum Herzen zu Stein!“ Da sprach die dritte: „ich weiß noch mehr. Wird auch das Hochzeitshemd verbrannt, so hat der junge König seine Braut doch noch nicht. Wenn nach der Hochzeit der Tanz beginnt und die junge Königin tanzt, wird sie plötzlich erbleichen und wie tot hinfallen. Und hebt sie nicht einer auf und saugt aus ihrer rechten Brust drei Tropfen Blut und spuckt sie wieder aus, so stirbt sie. Aber verrät das einer, der es weiß, so wird sein ganzer Leib zu Stein - vom Wirbel bis zur Fußzehe.“ Als die Raben das mit einander gesprochen hatten, flogen sie weiter. Und der getreue Johannes hatte alles wohl verstanden. Von der Zeit an war er still und traurig, denn: verschwieg er seinem Herrn, was er gehört hatte, so wäre dieser unglücklich. Verriete er es ihm, so musste er selbst sein Leben hingeben. Schließlich aber sprach er bei sich: „meinen Herrn will ich retten, und sollt ich selbst darüber zu Grunde gehen.“

Als sie nun ans Land kamen, da geschah es, wie die Rabe vorher gesagt hatte und es galoppierte ein prächtiger fuchsroter Gaul daher. „Wohlan“, sprach der König, „der soll mich in mein Schloss tragen“, und wollte sich aufsetzen. Doch der treue Johannes kam ihm zuvor, schwang sich schnell darauf, zog das Gewehr aus den Halftern, und schoss das Pferd nieder. Da riefen die andern Diener des Königs, die dem treuen Johannes nicht mochten, „wie schändlich, das schöne Tier zu töten, das den König in sein Schloss tragen sollte“! Aber der König sprach: „schweigt und lasst ihn gehen, es ist mein getreuester Johannes, wer weiß wozu das gut ist!“ Nun gingen sie ins Schloss. Da stand im Saal eine Schüssel, und das gemachte Hochzeitshemd lag darin. Es sah so auch, als wäre es aus nicht Anderem als aus Gold und Silber. Der junge König ging darauf zu und wollte es ergreifen. Aber der treue Johannes schob ihn weg, packte es mit Handschuhen an, trug es schnell ins Feuer und ließ es verbrennen. Die anderen Diener fingen wieder an zu murren und sagten: „seht, nun verbrennt er gar des Königs Brauthemd.“ Aber der junge König sprach: „wer weiß wozu es gut ist, lasst ihn gehen, es ist mein getreuester Johannes.“

Nun wurde die Hochzeit gefeiert. Der Tanz hatte gerade begonnen und auch die Braut wollte sich gerade dazu gesellen. Da behielt sie der der treue Johannes genau im Auge. Auf einmal erbleichte sie und fiel wie tot zu Boden. Da sprang er eilends hinzu, hob sie auf und trug sie in eine Kammer. Er legte sie nieder, kniete zu ihr hin und sog die drei Blutstropfen aus ihrer rechten Brust und spuckte sie aus. Alsbald atmete sie wieder und erholte sich. Aber der junge König hatte es mit angesehen, und wusste nicht, warum es der getreue Johannes getan hatte. Er wurde so zornig, dass er rief: „werft ihn ins Gefängnis!“. Am nächsten Morgen wurde der getreue Johannes verurteilt und zum Galgen geführt. Und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er: „jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben“? „Ja“, antwortete der König, „es soll dir vergönnt sein.“ Da sprach der treue Johannes: „Ich bin mit Unrecht verurteilt und bin dir immer treu gewesen“, und erzählte wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört, und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles hätte tun müssen. Da rief der König: „o mein getreuester Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter.“ Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort das er geredet hatte leblos herabgefallen und zu Stein geworden.

Darüber war nun der König und die Königin sehr betrübt, und der König sprach: „ach, was hab ich große Treue so übel belohnt!“ und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach: „ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.“ Es verging einige Zeit, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein. Sie wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder das steinerne Bildnis voll Trauer an, seufzte und rief: „ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.“ Da fing der Stein an zu reden und sprach: „ja, du kannst mich wieder lebendig machen, wenn du dein Liebstes dafür gibst.“ Da rief der König: „alles, was ich auf der Welt habe, will ich für dich hingeben.“ Sprach der Stein weiter: „wenn du mit deiner eigenen Hand deinen beiden Kindern den Kopf abhaust und mich mit ihrem Blute bestreichst, so erhalte ich das Leben wieder.“ Der König erschrak, als er hörte dass er seine liebsten Kinder selbst töten sollte. Doch dachte er an die große Treue, und dass der getreue Johannes für ihn gestorben war. Er zog sein Schwert und hieb mit eigener Hand den Kindern den Kopf ab. Und als er mit ihrem Blute den Stein bestrichen hatte, so kehrte das Leben zurück, und der getreue Johannes stand wieder frisch und gesund vor ihm. Er sprach zum König: „deine Treue soll nicht unbelohnt bleiben“, und nahm die Häupter der Kinder, setzte sie auf, und bestrich die Wunde mit ihrem Blut. Davon wurden sie im Augenblick wieder heil, sprangen herum und spielten weiter, als wär ihnen nichts geschehen. Nun war der König voll Freude, und als er die Königin kommen sah, versteckte er den getreuen Johannes und die beiden Kinder in einen großen Schrank. Wie sie hereintrat, sprach er zu ihr „hast du gebetet in der Kirche?“. „Ja“, antwortete sie, „aber ich habe beständig an den treuen Johannes gedacht, dass er so unglücklich durch uns geworden ist.“ Da sprach er: „liebe Frau, wir können ihm das Leben wiedergeben, aber es kostet uns unsere beiden Söhnlein, die müssen wir opfern.“ Die Königin wurde bleich und erschrak im Herzen, doch sprach sie: „wir sind's ihm schuldig wegen seiner großen Treue.“ Da freute er sich, dass sie dachte wie er gedacht hatte, ging hin und schloss den Schrank auf, holte die Kinder und den treuen Johannes heraus und sprach: „Gott sei gelobt, er ist erlöst, und unsere Söhnlein haben wir auch wieder“, und erzählte ihr wie sich alles zugetragen hatte. Da lebten sie zusammen in Glückseligkeit bis an ihr Ende.

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© Kati Winter

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