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Brüderchen und Schwesterchen

Das Original Märchen 

Lesedauer: 

16 Minuten

Deutsche Flagge - aktuelle Ansicht
Alle Märchen der Gebrüder Grimm von A-Z in Englisch
Ein junges Reh, das verzauberte Brüderchen neben seiner Schwester - ein Mädchen.

Geschwister fliehen vor Stiefmutter. Bub wird zu Reh, sie Königin. Stiefmutter tötet ihr Kind, König rettet es. Reh wird erlöst.

The Frog King, or Iron Heinrich
Cat and Mouse in Partnership
Mary's Child
The Youth Who Went Forth to Learn What Fear Was
The Wolf and the Seven Young Kids
Faithful John or Trusty John
The Good Bargain
The Wonderful Musician
The Twelve Brothers
The Pack of Ragamuffins
Little Brother and Little Sister
Rapunzel
The Three Little Men in the Wood
The Three Spinning Women
Hansel and Gretel
The Three Snake-Leaves
The White Snake
The Straw, the Coal, and the Bean
The Fisherman and His Wife
The Brave Little Tailor
Cinderella
The Riddle
The Mouse, the Bird, and the Sausage
Mother Holle or Old Mother Frost
The Seven Ravens
Little Red Cap or Little Red Riding Hood
The Bremen Town Musicians
The Singing Bone
The Devil With the Three Golden Hairs
The Louse and the Flea
The Girl Without Hands or The Handless Maiden
Clever Hans
The Three Languages
Clever Else
The Tailor in Heaven
The Magic Table, the Gold-Donkey, and the Club in the Sack
Thumbling
The Wedding of Mrs. Fox
The Elves
The Robber Bridegroom
Herr Korbes
The Godfather
Mother Trudy
Godfather Death
Thumbling's Travels
Fitcher's Bird
The Juniper Tree
Old Sultan
The Six Swans
Briar Rose
Foundling-Bird
King Thrushbeard
Snow White
The Knapsack, the Hat, and the Horn
Rumpelstiltskin
Sweetheart Roland
The Golden Bird
The Dog and the Sparrow
Frederick and Catherine
The Two Brothers
The Little Peasant
The Queen Bee
The Three Feathers
The Golden Goose
All-Kinds-of-Fur
The Hare's Bride
The Twelve Huntsme
From the Summer and Winter Garden
Jorinde and Joringel
The Three Sons of Fortune
How Six Men got on in the World
The Wolf and the Man
The Wolf and the Fox
Gossip Wolf and the Fox
The Fox and the Cat
The Pink
Clever Gretel
The Old Man and his Grandson
The Water Nixie
The Death of the Little Hen
Brother Lustig
Gambling Hansel
Hans in Luck
Hans Married
The Gold-Children
The Fox and the Geese
The Poor Man and the Rich Man
The Singing, Springing Lark
The Goose Girl
The Young Giant
The Gnome
The King of the Gold Mountain
The Raven
The Peasant's Wise Daughter
Old Hildebrand
The Three Little Birds
The Water of Life
Doctor Know-all
The Spirit in the Bottle
The Devil's Sooty Brother
Bearskin
The Willow Wren and the Bear
Sweet Porridge
Wise Folks
Tales of the Paddock
The Poor Miller's Boy and the Cat
The Two Travelers
Hans My Hedgehog
The Shroud
The Jew Among Thorns
The Skillful Huntsman
The Flail from Heaven
The Two Kings' Children
The Cunning Little Tailor
The Bright Sun Brings it to Light
The Blue Light
The Willful Child
The Three Army Surgeons
The Seven Swabians
The Three Apprentices
The King's Son Who Feared Nothing
Donkey Cabbages
The Old Woman in the Wood
The Three Brothers
The Devil and His Grandmother
Ferdinand the Faithful
The Iron Stove
The Lazy Spinner
The Four Skillful Brothers
One-Eye, Two-Eyes, and Three-Eyes
Fair Katrinelje and Pif-Paf-Poltrie
The Fox and the Horse
The Shoes that were Danced to Pieces
The Six Servants
The White and the Black Bride
Iron John
The Three Black Princesses
Knoist and his Three Sons
The Maid of Brakel
My Household
The Lambkin and the Little Fish
Simeli Mountain
Going a Traveling
The Donkey or The Little Donkey
The Ungrateful Son
The Turnip
The Old Man Made Young Again
The Lord's Animals and the Devil's
The Beam
The Old Beggar Woman
The Three Sluggards
The Shepherd Boy
The Star Money
The Stolen Farthings
Looking for a Bride
The Hurds
The Sparrow and His Four Children
The Story of Schlauraffen Land
The Ditmarsch Tale of Lies
A Riddling Tale
Snow-White and Rose-Red
The Wise Servant
The Glass Coffin
Lazy Henry
The Griffin
Strong Hans
The Peasant in Heaven
Lean Lisa
The Hut in the Forest
Sharing Joy and Sorrow
The Willow Wren
The Sole
The Bittern and the Hoopoe
The Owl
The Moon
The Duration of Life
Death's Messengers
Master Pfriem
The Goose-Girl at the Well
Eve's Various Children
The Nixie of the Mill-Pond
The Little Folks' Present
The Giant and the Tailor
The Nail
The Poor Boy in the Grave
The True Bride
The Hare and the Hedgehog
Spindle, Shuttle, and Needle
The Peasant and the Devil
The Crumbs on the Table
The Sea-Hare
The Master Thief
The Drummer
The Ear of Corn
The Grave Mound
Old Rinkrank
The Crystal Ball
Maid Maleen
The Boots of Buffalo Leather
The Golden Key

Brüderchen nahm sein Schwesterchen an der Hand und sprach „seit die Mutter tot ist, haben wir keine gute Stunde mehr; die Stiefmutter schlägt uns alle Tage, und wenn wir zu ihr kommen, stößt sie uns mit den Füßen fort. Die harten Brotkrusten, die übrig bleiben, sind unsere Speise, und dem Hündlein unter dem Tisch geht’s besser: dem wirft sie doch manchmal einen guten Bissen zu. Dass Gott erbarm, wenn das unsere Mutter wüsste! Komm, wir wollen miteinander in die weite Welt gehen.“ Sie gingen den ganzen Tag über Wiesen, Felder und Steine, und wenn es regnete, sprach das Schwesterchen „Gott und unsere Herzen die weinen zusammen!“ Abends kamen sie in einen großen Wald und waren so müde von Jammer, Hunger und dem langen Weg, dass sie sich in einen hohlen Baum setzten und einschliefen.

Am andern Morgen, als sie aufwachten, stand die Sonne schon hoch am Himmel und schien heiß in den Baum hinein. Da sprach das Brüderchen: „Schwesterchen, mich dürstet, wenn ich ein Brünnlein wüsste, ich ging und tränk einmal; ich mein, ich hört eins rauschen.“ Brüderchen stand auf, nahm Schwesterchen an der Hand, und sie wollten das Brünnlein suchen. Die böse Stiefmutter aber war eine Hexe und hatte wohl gesehen wie die beiden Kinder fortgegangen waren, war ihnen nachgeschlichen, heimlich, wie die Hexen schleichen, und hatte alle Brunnen im Walde verwünscht. Als sie nun ein Brünnlein fanden, das so glitzerig über die Steine sprang, wollte das Brüderchen daraus trinken: aber das Schwesterchen hörte wie es im Rauschen sprach „wer aus mir trinkt, wird ein Tiger: wer aus mir trinkt, wird ein Tiger.“ Da rief das Schwesterchen „ich bitte dich, Brüderchen, trink nicht, sonst wirst du ein wildes Tier und zerreißest mich.“ Das Brüderchen trank nicht, ob es gleich so großen Durst hatte, und sprach „ich will warten bis zur nächsten Quelle.“ Als sie zum zweiten Brünnlein kamen, hörte das Schwesterchen wie auch dieses sprach „wer aus mir trinkt, wird ein Wolf: wer aus mir trinkt, wird ein Wolf.“ Da rief das Schwesterchen „Brüderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Wolf und frisst mich.“ Das Brüderchen trank nicht und sprach „ich will warten, bis wir zur nächsten Quelle kommen, aber dann muss ich trinken, du magst sagen, was du willst: mein Durst ist gar zu groß.“ Und als sie zum dritten Brünnlein kamen, hörte das Schwesterlein, wie es im Rauschen sprach „wer aus mir trinkt, wird ein Reh: wer aus mir trinkt, wird ein Reh.“ Das Schwesterchen sprach „ach Brüderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Reh und läufst mir fort.“ Aber das Brüderchen hatte sich gleich beim Brünnlein nieder gekniet, hinab gebeugt und von dem Wasser getrunken, und wie die ersten Tropfen auf seine Lippen gekommen waren, lag es da als ein Rehkälbchen.


Nun weinte das Schwesterchen über das arme verwünschte Brüderchen, und das Rehlein weinte auch und saß so traurig neben ihm. Da sprach das Mädchen endlich „sei still, liebes Rehlein, ich will dich ja nimmermehr verlassen.“ Dann band es sein goldenes Strumpfband ab und tat es dem Rehlein um den Hals, und rupfte Binsen und flocht ein weiches Seil daraus. Daran band es das Tierchen und führte es weiter, und ging immer tiefer in den Wald hinein. Und als sie lange, lange gegangen waren, kamen sie endlich an ein kleines Haus, und das Mädchen schaute hinein, und weil es leer war, dachte es „hier können wir bleiben und wohnen.“ Da suchte es dem Rehlein Laub und Moos zu einem weichen Lager, und jeden Morgen ging es aus und sammelte sich Wurzeln, Beeren und Nüsse, und für das Rehlein brachte es zartes Gras mit, das fraß es ihm aus der Hand, war vergnügt und spielte vor ihm herum. Abends wenn Schwesterchen müde war und sein Gebet gesagt hatte, legte es seinen Kopf auf den Rücken des Rehkälbchens, das war sein Kissen, darauf es sanft einschlief. Und hätte das Brüderchen nur seine menschliche Gestalt gehabt, es wäre ein herrliches Leben gewesen.

Das dauerte eine Zeitlang, dass sie so allein in der Wildnis waren. Es trug sich aber zu, dass der König des Landes eine große Jagd in dem Wald hielt. Da schallte das Hörnerblasen, Hundegebell und das lustige Geschrei der Jäger durch die Bäume, und das Rehlein hörte es und wäre gar zu gerne dabei gewesen. „Ach,“ sprach es zum Schwesterlein, „lass mich hinaus in die Jagd, ich kann‘s nicht länger mehr aushalten,“ und bat so lange, bis es einwilligte. „Aber,“ sprach es zu ihm, „komm mir ja abends wieder, vor den wilden Jägern schließ ich mein Türlein; und damit ich dich kenne, so klopf und sprich mein Schwesterlein, lass mich herein: und wenn du nicht so sprichst, so schließ ich mein Türlein nicht auf.“ Nun sprang das Rehlein hinaus, und war ihm so wohl und war so lustig in freier Luft. Der König und seine Jäger sahen das schöne Thier und setzten ihm nach, aber sie konnten es nicht einholen, und wenn sie meinten, sie hätten es gewiss, da sprang es über das Gebüsch weg und war verschwunden. Als es dunkel wurde, lief es zu dem Häuschen, klopfte und sprach „mein Schwesterlein, lass mich herein.“ Da wurde ihm die kleine Tür aufgetan, es sprang hinein und ruhte sich die ganze Nacht auf seinem weichen Lager aus. Am andern Morgen ging die Jagd von neuem an, und als das Rehlein wieder das Hüfthorn hörte und das ho, ho! der Jäger, da hatte es keine Ruhe, und sprach „Schwesterchen, mach mir auf, ich muss hinaus.“ Das Schwesterchen öffnete ihm die Türe und sprach „aber zu Abend musst du wieder da sein und dein Sprüchlein sagen.“ Als der König und seine Jäger das Rehlein mit dem goldenen Halsband wieder sahen, jagten sie ihm alle nach, aber es war ihnen zu schnell und behänd. Das währte den ganzen Tag, endlich aber hatten es die Jäger abends umzingelt, und einer verwundete es ein wenig am Fuß, so dass es hinken musste und langsam fortlief. Da schlich ihm ein Jäger nach bis zu dem Häuschen und hörte wie es rief „mein Schwesterlein, lass mich herein,“ und sah dass die Tür ihm aufgetan und alsbald wieder zugeschlossen wurde. Der Jäger behielt das alles wohl im Sinn, ging zum König und erzählte ihm was er gesehen und gehört hatte. Da sprach der König „morgen soll noch einmal gejagt werden.“

Das Schwesterchen aber erschrak gewaltig, als es sah dass sein Rehkälbchen verwundet war. Es wusch ihm das Blut ab, legte Kräuter auf und sprach „geh auf dein Lager, lieb Rehlein, dass du wieder heil wirst.“ Die Wunde aber war so gering, dass das Rehlein am Morgen nichts mehr davon spürte. Und als es die Jagdlust wieder draußen hörte, sprach es „ich kann‘s nicht aushalten, ich muss dabei sein; so bald soll mich keiner kriegen.“ Das Schwesterchen weinte und sprach „nun werden sie dich töten, und ich bin hier allein im Wald und bin verlassen von aller Welt: ich lass dich nicht hinaus.“ „So sterb ich dir hier vor Betrübnis,“ antwortete das Rehlein, „wenn ich das Hüfthorn höre, so mein ich, ich müsst aus den Schuhen springen!“ Da konnte das Schwesterchen nicht anders und schloss ihm mit schwerem Herzen die Thür auf, und das Rehlein sprang gesund und fröhlich in den Wald. Als es der König erblickte, sprach er zu seinen Jägern „nun jagt ihm nach den ganzen Tag bis in die Nacht, aber dass ihm keiner etwas zu Leide tut.“ Sobald die Sonne untergegangen war, sprach der König zum Jäger „nun komm und zeige mir das Waldhäuschen.“ Und als er vor dem Türlein war, klopfte er an und rief „lieb Schwesterlein, lass mich herein.“ Da ging die Thür auf, und der König trat herein, und da stand ein Mädchen, das war so schön wie er noch keins gesehen hatte. Das Mädchen erschrak als es sah, dass nicht sein Rehlein sondern ein Mann herein kam, der eine goldene Krone auf dem Haupt hatte. Aber der König sah es freundlich an, reichte ihm die Hand und sprach „willst du mit mir gehen auf mein Schloss und meine liebe Frau sein?“ „Ach ja,“ antwortete das Mädchen, „aber das Rehlein muss auch mit, das verlass ich nicht.“ Sprach der König „es soll bei dir bleiben, so lange du lebst, und soll ihm an nichts fehlen.“ Indem kam es hereingesprungen, da band es das Schwesterchen wieder an das Binsenseil, nahm es selbst in die Hand und ging mit ihm aus dem Waldhäuschen fort.

Der König nahm das schöne Mädchen auf sein Pferd und führte es in sein Schloss, wo die Hochzeit mit großer Pracht gefeiert wurde, und war es nun die Frau Königin, und lebten sie lange Zeit vergnügt zusammen; das Rehlein wurde gehegt und gepflegt und sprang in dem Schlossgarten herum. Die böse Stiefmutter aber, um derentwillen die Kinder in die Welt hineingegangen waren, die meinte nicht anders als Schwesterchen wäre von den wilden Tieren im Walde zerrissen worden und Brüderchen als ein Rehkalb von den Jägern tot geschossen. Als sie nun hörte dass sie so glücklich waren, und es ihnen so wohl ging, da wurden Neid und Missgunst in ihrem Herzen rege und ließen ihr keine Ruhe, und sie hatte keinen andern Gedanken, als wie sie die beiden doch noch ins Unglück bringen könnte. Ihre rechte Tochter, die hässlich war wie die Nacht, und nur ein Auge hatte, die machte ihr Vorwürfe und sprach „eine Königin zu werden, das Glück hätte mir gebührt.“ „Sei nur still,“ sagte die Alte und sprach sie zufrieden, „wenn‘s Zeit ist, will ich schon bei der Hand sein.“ Als nun die Zeit heran gerückt war, und die Königin ein schönes Knäblein zur Welt gebracht hatte, und der König gerade auf der Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau an, trat in die Stube, wo die Königin lag und sprach zu der Kranken „kommt, das Bad ist fertig, das wird euch wohltun und frische Kräfte geben: geschwind, eh es kalt wird.“ Ihre Tochter war auch bei der Hand, sie trugen die schwache Königin in die Badstube und legten sie in die Wanne: dann schlossen sie die Thür ab und liefen davon. In der Badstube aber hatten sie ein rechtes Höllenfeuer angemacht, dass die schöne junge Königin bald ersticken musste.

Als das vollbracht war, nahm die Alte ihre Tochter, setzte ihr eine Haube auf, und legte sie ins Bett an der Königin Stelle. Sie gab ihr auch die Gestalt und das Ansehen der Königin, nur das verlorene Auge konnte sie ihr nicht wieder geben. Damit es aber der König nicht merkte, musste sie sich auf die Seite legen, wo sie kein Auge hatte. Am Abend, als er heim kam und hörte dass ihm ein Söhnlein geboren war, freute er sich herzlich, und wollte ans Bett seiner lieben Frau gehen und sehen was sie machte. Da rief die Alte geschwind „bei Leibe, lasst die Vorhänge zu, die Königin darf noch nicht ins Licht sehen und muss Ruhe haben.“ Der König ging zurück und wusste nicht dass eine falsche Königin im Bette lag.
Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege saß und allein noch wachte, wie die Türe aufging, und die rechte Königin herein trat. Sie nahm das Kind aus der Wiege, legte es in ihren Arm und gab ihm zu trinken. Dann schüttelte sie ihm sein Kisschen, legte es wieder hinein und deckte es mit dem Deckbettchen zu. Sie vergaß aber auch das Rehlein nicht, ging in die Ecke, wo es lag, und streichelte ihm über den Rücken. Darauf ging sie ganz stillschweigend wieder zur Türe hinaus, und die Kinderfrau fragte am andern Morgen die Wächter ob jemand während der Nacht ins Schloss gegangen wäre, aber sie antworteten „nein, wir haben niemand gesehen.“ So kam sie viele Nächte und sprach niemals ein Wort dabei; die Kinderfrau sah sie immer, aber sie getraute sich nicht jemand etwas davon zu sagen.

Als nun so eine Zeit verflossen war, da hub die Königin in der Nacht an zu reden und sprach:

„Was macht mein Kind? Was macht mein Reh?
Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr.“

Die Kinderfrau antwortete ihr nicht, aber als sie wieder verschwunden war, ging sie zum König und erzählte ihm alles. Sprach der König „Ach Gott, was ist das! ich will in der nächsten Nacht bei dem Kinde wachen.“ Abends ging er in die Kinderstube, aber um Mitternacht erschien die Königin wieder und sprach
„was macht mein Kind? was macht mein Reh?

Nun komm ich noch einmal und dann nimmermehr.“ Und pflegte dann des Kindes, wie sie gewöhnlich tat, ehe sie verschwand. Der König getraute sich nicht sie anzureden, aber er wachte auch in der folgenden Nacht. Sie sprach abermals „was macht mein Kind? was macht mein Reh?

Nun komm ich noch diesmal und dann nimmermehr.“

Da konnte sich der König nicht zurückhalten, sprang zu ihr und sprach „du kannst niemand anders sein, als meine liebe Frau.“ Da antwortete sie „ja, ich bin deine liebe Frau,“ und hatte in dem Augenblick durch Gottes Gnade das Leben wieder erhalten, war frisch, rot und gesund. Darauf erzählte sie dem König den Frevel, den die böse Hexe und ihre Tochter an ihr verübt hatten. Der König ließ beide vor Gericht führen, und es wurde ihnen das Urteil gesprochen. Die Tochter wurde in Wald geführt, wo sie die wilden Tiere zerrissen, die Hexe aber wurde ins Feuer gelegt und musste jammervoll verbrennen. Und wie sie zu Asche verbrannt war, verwandelte sich das Rehkälbchen und erhielt seine menschliche Gestalt wieder; Schwesterchen und Brüderchen aber lebten glücklich zusammen bis an ihr Ende.

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© Kati Winter

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